Johanna Spyri: Heidis Lehr- und Wanderjahre, 1880

«Heidi» – Ein Naturmädchen hüpft durch die Zeit

Heidi ist genial. Heidi kennt jedes Kind und ist seit Generationen eines der bekanntesten Bücher der Welt. Die Geschichte ist in über 55 Sprachen übersetzt, als Comic, als Zeichentrick- und Spielfilm umgearbeitet worden. Heidi von Johanna Spyri ist taufrisch und steht für Kindheit, Natur, Berge, Freiheit, die idyllische Schweiz.

Kinderbuchklassiker von Johanna Spyri, «Heidis Lehr- und Wanderjahre» von 1880, ist eines der bahnbrechenden Büchern, das wie viele nicht von der ersten bis zur letzten Seite gelungen ist.

Der erste der beiden Heidi-Romane schwingt sich tatsächlich zu weltliterarischer Form auf, wenn auch nur in den ersten paar Kapiteln. Da legt Spyri eine Freiheit der Feder an den Tag, eine fast anarchische Verspieltheit. Sobald Heidi sich die Kleiderschichten vom Leibe reisst, die ihr die Tante Dete angezogen hat, um keinen Koffer schleppen zu müssen, beginnt das Mädchen im Rhythmus der Geissen zu hüpfen, und ihr wippender Wuschelkopf wird zu einer Blume im alpinen Farbenmeer. Heidi ist nicht nur ein Kind mit einem Herz für Tiere und Pflanzen, sie ist selbst Teil der Berglandschaft. Indem sie Wind, Tier und Blume wird, kommt sie als Mensch ganz zu sich, und selbst die Sätze, die von der Alp, vom Öhi und den Tannen erzählen, hüpfen wie die Zicklein – sie leuchten auf wie das Alpenglühen und sind lebendig wie die Tannenwipfel, die im Anklang an Goethe, einem von Spyris Vorbildern, rauschen.

Mit dieser Energie ist es dann aber vorbei, als Heidi in Frankfurt das Lesen und Schreiben lernt und von der kleinen Naturmystikerin zur frommen Schülerin wird, die der blinden Grossmutter vom Geissenpeter aus der Bibel vorliest. Doch das wild-anarchische Naturmädchen lässt sich auf die Dauer nicht einsperren. Die vielen Adaptionen tun alles, um Heidi weiterhüpfen zu lassen.

Diverse Ausgaben, zum Beispiel
Johanna Spyri: Heidi. Klassiker-Ausgabe, ungekürzt, 176 S., etwa Fr. 30.-

Bilderbuch illustriert von Maja Dusíková, 32 S., etwa Fr. 20.-

Aus: 99 beste Schweizer Bücher

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  • Lebensdaten: *1827 (Hirzel) – 1901 (Zürich)
  • Lesetipps:«Ein Blatt auf Vrony’s Grab» (1871)
    «Heidi kann brauchen, was es gelernt hat» (1881)
    «Sina» (1888)
  • Fussnoten: Heidiseum – Die Schweizer Autorin Johanna Spyri hat mit ihren Heidi-Büchern Weltruhm erlangt und Generationen von Kindern und Erwachsenen mit ihrer Utopie einer naturverbundenen Kindheit zum Träumen gebracht. Das 2018 gegründete Heidiseum soll Spyris literarische Erbe für die Öffentlichkeit zugänglich machen. 2023 ist das Heidi-Archiv des Heidiseum von der UNESCO in das internationale Register «Memory of the World» als Weltdokumentenerbe aufgenommen.

    # Heimat, Berg, Kindheit, Religion, Familie