POSTKARTEN BUCHTIPP: Im Kopf eines Malers

Am liebsten redet er über das Wetter. Lieber als über die Malerei. «Das Wetter ist die Haut, in der alles lebt», sagt Adolf Dietrich. Und Wetter sei auf allen seinen Bildern. Selbst auf den Porträts Aber eben, er malt lieber, als dass er über seine Bilder spricht. Und manchmal wünscht er sich nichts so sehr wie einen guten Landjäger. Solche, wie der Metzger in Felben sie macht, aus Rossfleisch. Beat Brechbühls so traumverlorene wie bodenständige Erzählung «Fussreise mit Adolf Dietrich» führt an Felben vorbei, über den Seerücken. An einem Novembertag macht sich Dietrich zu Fuss auf den Weg, von Berlingen aus. Er will auf den Jahrmarkt nach Frauenfeld, aber die Wanderung zieht sich hin. Sie wird zur Reise durch den Kopf des Malers, durch seine Bilder, führt zurück in seine Kindheit, dann nach München und Mannheim, in eine Geisterbahn und schliesslich in den Wasserwald, wo die Blindschleiche dem kleinen Adolf einst gezeigt hat, was Farben sind. Dass der Bilgerverlag den lang vergriffenen Text in einer schönen Ausgabe wieder auflegt, ist ein Glück.

Beat Brechbühl: Fussreise mit Adolf Dietrich. Erzählung. Bilgerverlag Neuauflage 2022 (1. Auflage 1999). 136 S., etwa Fr. 30.-

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