POSTKARTEN BUCHTIPP: Wunder in Zürich

Die ehemalige Prostituierte Magdalena arbeitet in einer Konditorei in der Zürcher Altstadt. Ein ehemaliger Freier hat ihr dort eine Stelle samt Unterkunft beschafft. Magdalena isst Berliner, die sie wieder erbricht, und sinniert über das Leben, das in ihr und am Schaufenster vorbeizieht, und über ihren Vater, der mit Krebs im Sterben liegt. Magdalena ist eine gute Seele, die ausgenützt wird, von der geizigen Konditoreibesitzerin Frau Märky und von ihrem grausamen Geliebten, einem Schriftsteller, der sie schlägt. Ihr Leben befindet sich in einem Abwärtsstrudel – bis im Restaurant Da Capo im Hauptbahnhof «ein Wunder» geschieht und sie auf ihre alte Schulfreundin Kakao trifft.

Die Bündner Schriftstellerin Romana Ganzoni hat mit «Magdalenas Sünde» eine wunderbare Geschichte geschrieben, die eine Reinterpretation der biblischen Gestalt Maria Magdalenas ist und sich mit den grossen Themen der Menschheit befasst: Gewalt, Sehnsucht, Liebe,  Hoffnung – und Erlösung. Im Text stösst man immer wieder auf Passagen und Symbole, die an das christliche Vorbild erinnern. Die Beschreibungen der Orte und Personen sind bildhaft, die mal poetische, mal brachiale Sprache überzeugt. «Magdalenas Sünde» ist eine feinfühlige Hommage an Frauen, die am Rande der Gesellschaft leben und sich durchzubeissen gelernt haben. 

Romana Ganzoni: Magdalenas Sünde, Diogenes Verlag 2022, S. 118, etwa Fr. 17.90. (erstmals erschienen 2021 bei Telegramme Verlag Zürich)

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