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Ich ist ein Wir, das uns gefällt
Was geschieht eigentlich, wenn ich «Ich» sage? Bin ich dann ganz bei mir? Oder stehe ich ausgerechnet dann ausserhalb meiner selbst, weil ich mich zum Objekt mache? Als Subjekt, das über sich verfügt? Wahrscheinlich ist «Ich» immer eine Behauptung. Und dazu eine, die sich aus vielen Quellen speist. Der in Luzern lehrende Historiker Valentin Groebner legt in seinem neuen Buch eine Geschichte des Ich-Sagens vor. Er geht von zwei historischen Wegmarken aus: der Einführung der Beichte im Vierten Laterankonzil 1215; und vom Erscheinen von Michel de Montaignes «Essais» (1580), als Anfang einer radikal subjektiven, auf Wahrhaftigkeit angelegte Art des Schreibens. Von da aus führt Groebner die Kurzschlüsse vor, in denen sich die moderne Sucht zur Selbstdarstellung verfangen kann. Und zeigt, wie viel von dem, was wir in unserem Ich mitschleppen, sich unserer Verfügung entzieht. Wie viel «Wir» im «Ich» liegt, das ich so selbstbewusst behaupte. Und dass ich manchmal gerade da, wo ich überzeugt bin, ganz ich selbst zu sein, ein anderer bin. Der, der ich gern wäre. Oder der, zu dem die anderen mich machen.
Valentin Groebner: Bin ich das? Eine kurze Geschichte der Selbstauskunft. S. Fischer-Verlage. 192 S., ca. Fr. 31.90