POSTKARTEN BUCHTIPP: Philosophie des Alltags

Das Schreiben von Kolumnen ist eine Kunst, die nicht viele wirklich beherrschen. Es gibt die Schönschreiberinnen, die sich der Banalität des Alltags verschrieben haben und ihren Texten dank eines witzigen, originellen Stils etwas Unvergleichliches und Unverkennbares verleihen, aber letztlich an der Oberfläche bleiben. Und dann gibt es Bänz Friedli. Seit Jahrzehnten beobachtet der Autor und Kabarettist den Alltag, setzt sich mit dem Reisen, seiner Heimat, neuen gesellschaftlichen und technologischen Strömungen sowie dem Älterwerden auseinander. In seinen Kolumnen und Texten gelingt es ihm, unaufdringlich Witz und philosophische Noten hineinzuweben, so dass seine Kolumnen herausstechen.

Man staunt, mit welcher Konsistenz und sprachlicher Leichtigkeit Bänz Friedli schreibt. Dabei greift er auf grossen Kanon an Populärkultur und auf ein breites Allgemeinwissen zurück, sei es in der  Rock- und Popmusik oder im Fussball. Seine Erfahrungen sind immer auch die Erfahrungen von Herr und Frau Schweizer, er holt sie dort ab, wo sie leben und arbeiten, denken und sich entspannen. Er begleitet sie, spricht auf Augenhöhe mit ihnen und nie von oben herab. Genau das gibt den Miniaturen, die sich mit Politik und Wirtschaft ebenso wie mit der Pandemie, der Fussball-WM in Katar befassen, Ruhe und Tiefe. Eindrücklich auch seine Erinnerungen zum Tod von Polo Hofer oder Polo National, eine liebevolle Annäherung an einen Musiker, der die Schweizerinnen und Schweizer berührte, ein paar herausragende Lieder schrieb, sein wahres Potenzial aber nicht auszuschöpfen wusste. In diesen Texten zeigt Bänz Friedli sein Können, seine Beherrschen der Sprachen – und dass gute Kolumnen literarische Aperçus sind. 

Bänz Friedli: Hat die Gruppe verlassen, Essays und Kolumnen, Knapp Verlag 2023, 201 S., um Fr. 28.-

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