POSTKARTEN BUCHTIPP: 50 Jahre unvergessen lebendig

«Dr Ferdinand isch gstorbe» singen Kinder und Erwachsene seit Generationen mit humoristischem Pathos. Die Stimme ihres Autors Mani Matter ist vor 50 Jahren, am 24. November 1972, abrupt verstummt, als er auf dem Weg an ein Konzert tödlich verunglückte. Seine Worte überdauern in der Poesie seiner Chansons.

Begleitet von seiner Gitarre und inspiriert von Georges Brassens, singt Mani Matter Lieder wie “Ds Lotti schilet”. Schalkhaft warnt er darin vor der Konfusion, da das hübsche Mädchen mit seinem Augenaufschlag stets zwei Herren «preichen» würde. Philosophischer äussert er sich in «D’Nase» über den Wert von Äusserlichkeiten und wie einem die verschönerte Nase schicksalhaft vom Weg abbringen kann.

Vielleicht hat sein Interesse an Richtig und Falsch mit seinem Beruf zu tun. Oder vielmehr mit seiner Persönlichkeit. Er war als Rechtskonsulent der Stadt Bern tätig und übernahm einen juristischen Lehrauftrag an der Universität Bern. Bei aller Seriosität gewann sets seine Liebenswürdigkeit und sein ausgeprägtes Sensorium für Schabernack die Oberhand. Im Hals stecken bleibt das Lachen bei «Ds Zündhölzli», wo die absurde Gedankenfolge beinahe einen Weltkrieg auslöst und die Menschheit bedroht. Auf die Rettung der Menschheit hofft Matter dagegen im beschwingten «Hemmige», indem die Verantwortlichen «Hemmige hei». 

Gesungen, geschätzt und gecovert werden Matters berndeutsche Lieder noch heute, als Volkspoesie, als Klassiker, obschon er Chansonier stets «nur» im Nebenberuf war. Von den frühen Liedern, die ihren Reiz aus der feinen Alltagsgroteske, dem Hintergründigen schöpfen, führt ein Weg in die 1970er Jahre, wo er in «Hie ir Schwyz» über Politiker, Ja- und Nein-Sager kritisch sinniert und schliesslich fragt: «Warum syt dir so truurig?».

Mani Matter war stets für eine Überraschung gut, erinnern sich Weggefährten. Wie sich sein Lebensweg, als er 36-jährig verstarb, weiterentwickelt hätte, ist unbekannt. Der Erzähler Franz Hohler freut sich, dass die Lieder, ohne banal zu sein, auch 50 Jahre nach seinem Tod gemeinsamer Nenner für so viele verschiedenartige Menschen sind

«Einisch amne Morge» hat Mani Matter 1972 komponiert. Auf Rat seiner Frau und seiner Freunde hat er das Lied nie öffentlich vorgetragen. Sein tödlicher Autounfall wenige Monate später schwingt seither in den Zeilen mit, worin sich zwei Bekannte über Matter unterhalten:

«…und de wird dr ander säge:
meinsch dä, wo so liedli macht?
ja, grad dä; was isch mit däm?
dä syg chürzlech gstorbe!
und de wird dr ander vilicht
säge: eh was du nid seisch!»

Mani Matter Liederbuch. Hrsg. Ben Vatter mit Illustrationen von Silvan Zurbriggen. Zytglogge Verlag, S. 151, etwa Fr. 38.-

Franz Hohler: Mani Matter, ein Portraitband. Zytglogge Verlag, S. 160, etwa Fr. 39.-

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