POSTKARTEN BUCHTIPP: Tagebuch der Hoffnung

Dieses Buch hat es in sich. Da ist Lidija Burčak, die ihre Welt und ihr Leben mit uns teilt. Zwischen ihrem 15. und 33. Lebensjahr hat sie Hunderte von Tagebuchseiten gefüllt. Für ihr Erstlingsbuch «Nöd us Zucker» hat sie eine Auswahl zusammengestellt. Man taucht ein in das Heranwachsen einer jungen Frau, die über ihre Familie und Freunde schreibt, ihre Sehnsüchte und Frustrationen offenlegt, nach dem Sinn des Lebens und ihrer Berufung sucht, sich mit der Schule und den Lehrern abmüht, erste Erfahrungen mit Drogen und Sex macht – dies alles in einer präzisen, direkten Umgangssprache, der Mundart. Schonungslos schaut sie in den Spiegel, analysiert und kritisiert sich und ihre Umgebung, flucht mal derb, mal poetisch. Dazwischen blitzen Worte und Sätze in der «Jugosprache» auf, wo ihre Herkunft und Mentalität besonders prägnant zum Ausdruck kommt. 

Die Seconda ist hin- und hergerissen zwischen ihrem Heimatort Winterthur, wo sie aufwächst, und jenem ihrer Eltern im ehemaligen Jugoslawien. Sie muss sich ebenso damit zurechtfinden wie mit den vielen Gedankenwelten, die sie, die feinfühlige, künstlerisch veranlagte Frau, in allen Facetten auslotet. 

Lidija Burčak hat nicht nur ein grossartiges, sprachstarkes Tagebuch geschrieben, sondern gibt uns in einer bisweilen komplizierten, unübersichtlichen und schnelllebigen Welt Hoffnung und Mut: Wer sich nicht unterkriegen lässt, trotz Rückschlägen und Momenten der Hoffnungslosigkeit, kann seinen Traum verwirklichen. Lidija Burčak arbeitet heute als Schriftstellerin und Filmschaffende und hat ihre Berufung gefunden.

Lidija Burčak: Nöd us Zucker. Der gesunde Menschenversand, S. 195, etwa Fr. 25.-

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