POSTKARTEN BUCHTIPP: Gruseliges Geburtstagsfest

Dieser kurze Roman ist ein Genuss für alle, die gepflegte Grusel- und Schauergeschichten mögen. Hansjörg Schertenleib knüpft mit «Die grüne Fee» an die Tradition der schwarzen Romantik, die wir von Edgar Allen Poe oder E.T.A. Hoffmann kennen und schätzen. Der 60-jährige Arthur Dold, der sein Leben mit der Vermessung der Welt, mit Landkarten, Atlanten und Globen verbringt, ein Schweizer Sonderling, erhält von seinem Schulfreund Christian Aplanalp überraschenderweise eine Geburtstagseinladung. Dieser ist in den USA zu einem weltbekannten Künstler avanciert und lebt jetzt zurückgezogen in einem riesigen Landhaus im irischen County Donegal, am Ende der Welt. Dorthin begibt sich Arthur. 

Die Begegnung findet nicht so statt, wie sie sich Arthur vorstellt. Er ist der einzige Gast an diesem seltsamen Fest. Es taucht eine mysteriöse Haushälterin auf, Gegenstände entwickeln ein Eigenleben, Räume. Der Absinth oder die grüne Fee, die die beiden Freunde übermässig geniessen, verschieben Räume, Realitäten und Gewissheiten. 

Hansjörg Schertenleib gelingt es meisterhaft, die morbide Stimmung und die düstere Atmosphäre einzufangen. Dramaturgisch geschickt ist zudem, dass Arthur Dold zehn Jahre nach dem existenziellen Ereignis in Irland ein Päckchen erhält, das er öffnet und ihn zur Niederschrift dieser Erfahrung animiert, die sein Leben für immer verändert. Ein präzis und spannend geschriebener Pageturner, bei dem die Leserin und der Leser am Schluss erleichtert durchatmen. 

Hansjörg Schertenleib: Die Grüne Fee. Kampa Verlag 2022, S. 128, etwa Fr. 21.90.

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