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Zwischen Obsession und Täuschung
Joël Dicker entführt uns in seinem neuen Thriller «Ein ungezähmtes Tier» in eine Welt voller Geheimnisse, Manipulation und menschlicher Abgründe. Die Geschichte beginnt mit einem Raubüberfall in Genf. Um dieses Ereignis zu verstehen, führt uns Dicker tief in die Vergangenheit seiner Figuren. Im Fokus stehen zwei Paare: Greg und Karine, die ein bescheidenes Leben in einer wohlhabenden Vorstadt führen, und Sophie und Arpad, ihre eleganten Nachbarn, die in Saus und Braus leben.
Greg, ein Polizist, entwickelt eine ungesunde Obsession für Sophie. Seine Faszination mündet in ein gefährliches Netz aus Voyeurismus, Verrat und Täuschung. Was zunächst wie eine harmlose Nachbarschaftsbeziehung wirkt, entpuppt sich als düsteres Machtspiel, in dem die Rollen von Täter und Opfer ständig wechseln. Sophie verbirgt ihre eigene Vergangenheit, während Arpad ebenso auf brüchigen Fundamenten steht.
Dicker versteht es meisterhaft, seine Leser durch geschickte Erzähltechniken zu fesseln. Die kunstvoll verflochtene Struktur – ein Wechsel zwischen Vergangenheit und Gegenwart – enthüllt die innersten Beweggründe der Figuren Stück für Stück. Dickers Stärke liegt in der Fähigkeit, mit literarischen Mitteln zu unterhalten: Präzise Dialoge, atmosphärische Beschreibungen und psychologische Tiefe machen seine Bücher zu fesselnden Pageturnern.
Ein weiterer Aspekt von Dickers Werk ist die Reflexion über die menschliche Natur: Sind wir alle in gewisser Weise «ungezähmte Tiere», gefangen in unseren Masken? Diese Frage verleiht dem Thriller eine zusätzliche Dimension, die über die blosse Spannung hinausgeht.
Ein intensives Leseerlebnis, das die dunklen Seiten des Menschen beleuchtet und die Anziehungskraft von Dickers einzigartigen Stil neu entfacht.
Joël Dicker: Ein ungezähmtes Tier. Übersetzung: Michaela Messner, Amelie Thoma. Piper Verlag, 2025, 432 S., etwa Fr. 35.-.
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👉📕 Im Buch «99 beste Schweizer Bücher» ist Joël Dicker mit «Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert» (2012) vertreten.